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Aktuelles vom Sportverein

Torben beim Norseman 2015

Der Erste aus Sachsen-Anhalt im schwarzen Shirt

Norseman 2015 - Race Report

Im November letzten Jahres erhielt ich die Email, dass ich einen Startplatz beim diesjährigen Norseman, einem der härtesten Triathlons der Welt (01.08.2015), erhalten hatte. Da diese mittlerweile wie bei allen Extrem-Triathlons nur noch per Lotterie vergeben werden, hatte ich nicht lange gezögert und den Startplatz angenommen. Die letzten 9 Monate habe ich also versucht mich auf diesen Wettkampf vorzubereiten.

Schon früh hatte ich mir Göran und Alexander Lubina als Support ausgesucht und ich war sehr glücklich, dass auch beide zugesagt haben und mich bei diesem Abenteuer begleiten wollten. Am Mittwoch in der vorigen Woche fuhren Alex, Eline (eine andere Teilnehmerin) und ich zusammen nach Ål, wo wir bei Familie Wendler Junior auf der Hütte für den Sommerurlaub übernachteten. Dort wurden nochmal Kohlenhydrate getankt bevor es Donnerstag nach Eidfjord ging. Auf dem Weg nach Eidfjord besichtigten wir 90km der Radstrecke von Geilo nach Eidfjord, die ich am Samstagmorgen in die Gegenrichtung befahren würde. Ein kleiner Stopp am Vøringsfossen und schon ging es runter nach Eidfjord, wo sich der Start vom Norseman befindet. Ich begab mich nach dem Check-In aufs Fahrrad und Göran und Alex fuhren mit der Fähre zu einem Event in der Regie der Norseman-Crew. Meine Eltern hatten auch extra ihren Urlaub für ein paar Tage nach Eidfjord verlegt, so dass wir noch ein paar Stunden zusammen genießen konnten.

In den letzten Wochen wurde immer wieder über die Wassertemperatur spekuliert. Der Eidfjord ist der Auffang für die Schneeschmelze der Hardangervidda, bevor er in den Hardangerfjord übergeht. In der Hardangervidda liegt dieses Jahr historisch viel Schnee. Seit 57 Jahren gab es nicht mehr so viel Schnee auf der Vidda, so dass das Wasser konstant von neuem Schmelzwasser gekühlt wird. Um die 10.5 Grad betrug die Wassertemperatur am Freitag morgen als ich mich zum sozialen "Warm-Up Swim" begab. Mit Neopren-Socken und von Klaus geborgter Neoprenhaube, plus 5mm dicken Neoprenanzug begab ich mich ins Wasser. Definitiv ein erfrischender "Swim", jedoch stellte ich mich mental mehr und mehr auf eine kalte Schwimmetappe ein.

Freitag um 11 Uhr erhielt ich dann die SMS, dass die Schwimmetappe auf Grund der niedrigen Wassertemperatur auf 1.9km verkürzt wird. Ich hatte am Morgen noch meinen inneren Schweinehund überwunden und mich mental auf ein kaltes Schwimmen eingestellt. Ich war daher doch ein klein wenig enttäuscht, dass es nicht zu den 3.8km kommen würde. Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass das Schwimmen meine schwächste Disziplin ist. Ansonsten war der Freitag von Vorbereiten, Pre-Race-Meeting, Essen und Trinken geprägt. Alex und Göran planten wie die Wilden, während ich versuchte die Beine hochzulegen. Pünktlich um 19.30 ging es ins Bett und ab 21.00 Uhr fiel ich auch in einen Tiefschlaf bis der Wecker um 02.20 Uhr klingelte. Irgendwie fehlte aber so ein bisschen noch die Nervosität. Das Frühstück lief ohne Probleme, der Neo wurde angezogen und erst als ich die Fähre betrat, fingen die Nerven an sich bemerkbar zu machen.

Auf dem Auto-Deck zu stehen und alle Triathleten um sich herum zu sehen, war schon ein sehr magischer Moment. Ich duschte unter "Fjord"-Wasser um mich auf die Temperatur im Fjord einzustellen. Wärmte mich leicht auf, ging nach vorn, um zu sehen wie hoch eigentlich der Sprung ist und schon wurde ich zum Sprung aufgefordert und zögerte nicht lange... zack raus ins Wasser. Bis zum Startschuss gewöhnte ich mich ans Wasser und wärmte mich ein bisschen auf. Als der Startschuss ging, überlegt ich kurz, verdammt du bist ja voll in der Mitte und ja, das wurde noch zum kurzen Verhängnis. Als es los ging befand ich mich im Chaos: Beine, Arme überall, ein Fuß ins Gesicht, meine Füße in andere Gesichter, ein Arm an mein Bein usw. Ich kam einfach nicht in meinen Rhythmus, schluckte einen Haufen Wasser und nach ein paar Minuten, entschied ich mich kurz zu stoppen, Übersicht zu bekommen und direkt nach links raus an die Seite des Feldes zu schwimmen. Genau richtig, hier kam ich in meinen Rhythmus und konnte die 1.9km in 38min schwimmen. Zufrieden.

Der Wechsel zeigte dann, dass ich noch nie einen Triathlon gemacht hatte. Als 103ter aus dem Wasser und 137te "schlechte" Wechselzeit, fast 10 Minuten. Doch bei einer Wettkampfzeit von 13h vielleicht eher doch ein kleiner Zeitverlust. Auf dem Rad fuhr ich an Leuten vorbei und wurde auch überholt, ein Geben und Nehmen. Ich fühlte mich gut, war warm genug angezogen, hatte meinen Ernährungsplan auf dem Rahmen, alles lief. Ich musste Wasser lassen, ein Zeichen dafür, dass ich genug Flüssigkeit zu mir nah. Alex und Göran erinnerten mich immer wieder an die Ernährung zu denken. Mama und Papa machten fröhlich Fotos und feuerten mich an. Das Radfahren machte mir Spaß, auch wenn ich immer mit der Unsicherheit lebte, wie weit hinter mir ist eigentlich der 160te (nur so viele Athleten durften hoch auf die "Bergspitze" des Gaustadtoppen 1883m). Ich hatte die Radstrecke vor 2 Wochen getestet und Ziel war, rund 7 Stunden zu fahren. Ich hatte ganz gut Kontrolle über die Berge, und hab an allen Bergen nur nach Watt und Puls getreten. Vielleicht ein bisschen defensiv im Nachhinein, aber im Endeffekt wollte ich die Beine fürs Laufen sparen. Ich versuchte durchweg positiv zu sein und suchte Kontakt mit anderen Athleten, und anderen Leuten die zum anfeuern unterwegs war. Okay zum Imingfjell hoch (letzter Berg auf dem Rad) war ich dann doch am meisten mit mir selbst beschäftigt ;). Die "falsche" Gerade mit Gegenwind hat dann nochmal ein paar Kräfte gefordert, jedoch habe ich mich immer auf meinen Puls und mein Körpergefühl verlassen. Bergrunter ins Tal war wegen schlechtem Asphalt höchste Konzentration gefordert, und dann hieß es die letzten 20 km in Aero-Position zum T2 rollen ohne die Beine zu sehr zu fordern. Ich absolvierte die Radstrecke in 7h12min, ein bisschen nach meinem Plan, aber immer noch im grünen Bereich.  

Über die gesamte Radstrecke merkte ich, dass meine Oberschenkel an diesem Tag nicht die Besten waren. Früh spürte ich sie und versuchte sie so viel wie möglich zu ignorieren, also war ich sehr auf das Laufen gespannt. Der Wechsel lief flüssiger und mit 4 Minuten im Grenzbereich. Die ersten Meter fühlten sich natürlich komisch an, aber im Training hatte ich nie Probleme mit dem Übergang. Die ersten Kilometer rollten gut, und ich überholte schon die ersten Athleten. Insgesamt wurde ich auf den ersten 25km auch nur von einer Person überholt, aber überholte ziemlich viele. Alex gab mir immer wieder Feedback, dass ich den Vorsprung zum 160ten Platz ausbaute, was mein Ziel war für die ersten 25 km. Im Flachen versuchte ich zwischen 4.30-4.40er Tempo zu laufen und an kleinen Anstiegen an das Gefühl anzupassen. Nach 14km merkte ich aber langsam die Oberschenkel und ich hatte keine Lust auf Ernährung. Die KM-Zeiten stiegen, und ab Kilometer 15 waren meine Gedanken nur noch, dass ich ja am Berg endlich Alex neben mir haben kann. Am Berg angekommen, kurz was gegessen, begann ich sofort mit dem schnellen Gehen und glücklicherweise hatte ich endlich Alex neben mir. Für Alex war es sicherlich Wandern, für mich die nächsten 7km bergauf Asphalt ein Alptraum. Ich wollte nicht mehr Essen, mir war schlecht, teilweise schwindelig und Alex musste wirklich hart mit mir arbeiten, dass ich nicht stehen bleibe. Auf diesem Stück wurde ich mehr überholt, als dass ich Leute überholte. Ich hatte wirklich mit mir zu kämpfen. Alex begann mir Cola regelrecht reinzupressen. Im Endeffekt meine Rettung. Als wir den 32.5km Cut-Off erreichten, wurde ich informiert ich sei ein Black-T-Shirt Finisher. Worauf ich antwortete: "Ich muss erst noch auf den Berg, dann bin ich das!" Da lachte der Organiser und ich ging weiter. Für dieses "flache" Stück hatte ich mir eigentlich vorgenommen zu Laufen, jedoch wollten meine Oberschenkel nicht. Ich wusste, dass wenn ich jetzt anfange zu laufen, bekomme ich die Rechnung auf dem Trail Richtung Bergspitze. Sicherlich eine gute Entscheidung in dem Moment. Jetzt mit ein paar Tagen Abstand hätte ich mir gerne gewünscht ich wäre locker gejoggt. Göran kam uns auch endlich entgegen und die Stimmung wurde besser und besser und auch mein Humor auch. Die reingezwungene Cola von Alex wurde eher ein "Gib mir endlich wieder Cola!".  Dann ging es in den Trail und endlich, endlich sollte ich meine OL-Stärke ausspielen können. Alle die mich auf dem Asphalt am Berg überholt hatten sollten ihre eigene Medizin zu spüren bekommen. Ich ging schnell, den Trail kannte ich, ein paar Mal vorher getestet, ich "flog" über die Steine und genoss Schritt für Schritt. Ich holte immer wieder Leute ein und bekam zu hören, dass ich doch einen Sitzen habe mit dieser Pace. Keiner überholte mich, ich überholte und überholte, bekam positive Kommentare von Wanderern, man war das "geil". Mir machte es plötzlich wieder Spaß und ich begann in den kurzen flachen Stücken zu joggen. Göran und speziell Alex müssen sich gewundert haben, wenn man eine Stunde zurück dachte. Es ist schon unglaublich was so ein amerikanisches Zuckergetränk bewirken kann. Und plötzlich war ich auf der Steintreppe, die Steintreppe zur Hütte zum Ziel, wo Vibeke auf mich wartete. Unglaublich, ich ging über die Ziellinie nach 13h33min und 03 Sekunden als Athlet nr. 100. Topp 100 also. Ich setzte mich und genoss es, dort oben zusammen mit Vibeke, Alex und Göran zu sein. Der Berg wäre leider zu hart für Papas Knie gewesen, sie waren sicherlich schon in Halden bei den "Schwiegereltern" und öffneten den Sekt. Ich sass mit meinem Support in der Gaustadhytte mit Kartoffelsuppe und Quedlinburger Fegefeuer!

Ich hatte es geschafft. Den Norseman. Wovon ich vor vielen Jahren nur aus Spass erzählt habe. Was auf der "To-Do"-Liste stand, aber wer hätte gedacht, dass ich einen Platz gleich beim ersten Versuch bekomme. Die Stufen zum Lift im Berg waren nochmal ein Horror, die Oberschenkel waren komplett dicht. Im Lift sprach man mit anderen Athleten und ließ Alles noch einmal durch den Kopf gehen. Mein erster Triathlon, mein erster Marathon, das erste Mal 180km auf dem Rad, Alles an einem Tag - unglaublich...

Der Norseman war für mich ein unglaubliches Erlebnis. Nicht nur sportlich gesehen, auch die Landschaft. Ich bin mir sicher, ohne meinen Support hätte ich es NIEMALS geschafft den Norseman durchzustehen. Ich bin der Meinung ich hatte den weltbesten Support genau an diesem Tag für genau mich als Triathlet. Alles lief perfekt. Sie waren immer da, wenn ich sie brauchte, immer positiv, immer professionell. DANKE JUNGS! Und auch Mama und Papa verdienen ein riesengrosses Dankeschön. Ich wusste, dass wenn Alex und Göran nach vorne fahren um Support vorbereiten, waren Mama und Papa um die nächste Kurve um mich anzufeuern. Über die 180km waren glaub ich, nur die letzten 35 Minuten die einzigen, wo ich nicht das Gefühl hatte, dass Mama und Papa alle 10 Minuten standen. Vielen, vielen Dank. Ein Riesen Dankeschön auch an Vibeke, dass sie es in ihrem letzten Studienjahr im Medizinstudium respektiert hat, dass ich mich neben 3 Jobs auf den Norseman vorbereite. Und natürlich ein Dankeschön an meine Sponsoren, auch wenn ich kein Topp-Athlet bin wurde ich für meine Reise von 32Gi, Compressport, Garmin, Trimtex, Löplabbet, Comfyballs und Slevik IL (Oslos Bratteste) unterstützt.

Ein paar Tage mit Abstand zum Norseman sind vergangen. Ich denke immer noch in manchen Momenten drüber nach, was wäre wenn... Man ist halt einfach leer nach einem solchen Wettkampf. Hätte ich die 13h Grenze knacken können? Hätte ich mehr essen sollen auf dem Rad?  Hätte ich mehr Druck machen sollen an manchen Stellen auf dem Rad? Hätte ich versuchen sollen zu Laufen nach dem Zombie Hill? Hätten ich mit den Kompressions-Armlingen und Beinlingen schon schwimmen sollen um Zeit zu sparen beim Wechsel? Alles Fragen über Fragen die mir durch den Kopf gehen. Doch im Endeffekt war mein Ziel das schwarze Shirt. Und genau das habe ich mit einer, nach meiner Meinung, respektablen Leistung erreicht. Was nun? Die Leere geht weiter. Der ultimative Wettkampf ist durchgeführt, was nun?

Vielen Dank für alle Meldungen, Mails, SMS, Facebook Nachrichten usw.

Euer Torben

Fotos auf: https://www.flickr.com/gp/109435834@N04/R3kA5R

Der Norseman mit Fakten: http://attackpoint.org/sessiondata.jsp?sessionid=4465837 

Resultate: https://nxtri.app.box.com/s/uxnub0g1c0v1vcqjc50owo357pkq0d81

Homepage Norseman: http://www.nxtri.com

Torbens Weg zum schwarzen Shirt in Bildern ( 1181 KB)
Mitteldeutsche Zeitung vom 20.08.2015 ( 1490 KB)

06.08.2015

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